Der Kanton Luzern hat nach mehr als einem Jahr «Gstürm» endlich wieder ein gesetzeskonformes Budget. Zuvor hatte das Volk im Mai deutlich Nein zu einer Steuererhöhung gesagt. Darf man sich nun auf bürgerlicher Seite auf die Schulter klopfen? Nein. Der Verteilungskampf um die knappen Ressourcen geht weiter. Weitere Kürzungsrunden drohen. Die Krise hat die Gräben vertieft und die gesellschaftliche Solidarität strapaziert. Eine der Lehren daraus: Steuern lassen sich leicht senken, aber nur mehr schwierig anheben. Umso wichtiger ist, dass der Finanzdirektor gut rechnen kann.
Die Luzerner Kulturszene ging deshalb im vergangenen Jahr auf die Barrikaden. Sie stieg in den See und erschien tropfnass vor dem KKL. Sie verschickte Kondolenzkarte und führten die Damen und Herren Kantonsräte vor mit einem roten Teppich sowie der Ankündigung einen Film über «ihre gescheiterte Politik» zu machen. Nun fliessen die Kulturgelder für dieses Jahr wieder. Dürfen sich die Kulturschaffenden deswegen auf die Schulter klopfen. Nein. Ihre Aktionen und der Budgetkompromiss haben keinen direkten Zusammenhang. Es ist ihnen nicht wirklich gelungen, die Politik zu überzeugen und Verständnis für ihre Anliegen zu schaffen. Sie konnten die Kürzungen nicht verhindern und die Finanzierung ihres Films droht zu scheitern.
Das Thema knappe Finanzmittel und Budgetkürzungen hingegen wird uns alle weiter beschäftigen. Was also kann die Kulturszene tun, um ihre Forderungen nach Förderung in Zukunft durchzubringen?
1. Es empfiehlt sich, über die Museggmauer hinweg zu denken. Was in der Stadt die Gemüter bewegt, tut es nicht unbedingt in Emmen, Eschenbach oder Entlebuch. Wer seine politischen Anliegen durchbringen will, muss auch die Leute in den anderen Kantonsteilen überzeugen. Warum also nicht einmal eine Aktion auf dem Land?
2. Wer in der Politik etwas bewirken will, muss sich langfristig engagieren. Als im vergangenen Jahr bei den Geldern für die freien Kulturschaffenden aufgrund der abgelehnten Steuererhöhung um 800'000 Franken gekürzt wurden, waren diese erstmals laut und mit Getöse zu vernehmen. Doch als es einige Monate zuvor darum ging, für Steuererhöhungen zu kämpfen, herrschte grosses Schweigen. Um ihre Interessen überzeugend zu vertreten, sollten Kulturschaffende vermehrt politisch aktiv sein und versuchen ihre Vertreter in Parlamente wählen zu lassen.
3. In der Politik gewinnt, wer Mehrheiten bilden kann. Es lohnt sich deshalb, bürgerliche Politiker einzubeziehen. Diese sind in der Mehrheit interessiert an Kulturpolitik und an den Anliegen der Kulturschaffenden, auch wenn nicht immer alle darunter das gleiche verstehen. Umso wichtiger ist es, dies mit überzeugenden Argumenten darzulegen. Es gilt aufzuzeigen, welchen Mehrwert die Kulturschaffenden für die Gesellschaft bringen.
4. Polemik bringt keinen nachhaltigen Erfolg. Wer am Tag der Kantonsratsdebatte vor dem Regierungsgebäude den roten Teppich ausrollt und die kantonalen Politiker an den Pranger stellt, kann beim eigenen Klientel punkten. Damit nimmt man aber keinen Einfluss auf politische Entscheidungen. Diese sind nämlich bereits in den Kommissionen und Fraktionen gefallen. Besser wäre es, in den Wochen zuvor das persönliche Gespräch mit Politikern aller Fraktionen zu suchen.
5. Nicht nur der Staat bringt Projekte zum Fliegen. Kulturschaffende sollten vermehrt Kulturunternehmer sein. Neben staatlichen Förderbeiträgen und Stiftungen gibt es laufend neue Instrumente wie Crowdfunding oder private Initiativen mit denen sich Theater, Konzerte und andere Projekte finanzieren lassen. Es lohnt sich, solche alternative Finanzierungen zu nutzen. Sie machen freier, unabhängiger und ermöglichen im besten Fall ein kompromissloseres Kulturschaffen.
Diese Kolumne von Marc Lustenberger ist in der Januar-Ausgabe 2018 des Kulturmagazins erschienen.