John F. Kennedy wäre bei Schweizer Wählern durchgefallen

Weil Adrian Bühler vor einigen Tagen ein alter NZZ-Artikel in die Hände gefallen ist, hat er sich überlegt, ob John F. Kennedy in der Schweiz in ein politisches Amt gewählt worden wäre. Seine Erkenntnis ist relevant für all jene, die sich einer Volkswahl stellen wollen.

Kürzlich ist mir beim Ausmisten ein alter NZZ-Artikel in die Hände gefallen. Der Artikel von 2016 beschäftigte sich mit der Bedeutung von Mittelinitialen. Mittelinitialen? Genau: John F. Kennedy, Theodor W. Adorno, Joseph E. Stiglitz, Henrik A. Broder, Frank. A Meyer! Zwei Forscher der Universitäten Limerick und Southampton haben damals nachgewiesen, dass Mittelinitialen die Wahrnehmung von Intellektualität und Kompetenz in einem wissenschaftlichen Umfeld positiv beeinflussen. Arbeiten von Autoren mit Mittelinitiale würden wohlwollender beurteilt, auch werde den entsprechenden Autoren womöglich mehr Verantwortung übertragen, schreiben die beiden Psychologen in „Frontiers in Psychology“ dazu.

Das Forschungsfeld der beiden Psychologen könnte beliebig erweitert werden. Wie hängt die Mittelinitiale mit dem Gehalt einer Person zusammen? Hat die Mittelinitiale im Namen eines Anwalts einen Einfluss auf die Wahrnehmung vor Gericht? Mich würde interessieren: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Verwendung einer Mittelinitiale und der Wahrscheinlichkeit, gewählt zu werden? Mein Bauchgefühl sagt mir: In der Schweiz sollte keine Mittelinitiale verwenden, wer in ein politisches Amt gewählt werden will. Ein Blick auf die Namensliste der aktuellen National- und Ständeräte bestätigt dieses Bauchgefühl. Kein aktueller Bundesparlamentarier führt eine Mittelinitiale im Namen. Der kürzlich verstorbene Thurgauer alt Nationalrat Alexander J. Baumann scheint die Ausnahme zu sein, die die Regel bestätigt.

Seit 1848 gab es zudem erst zwei Bundesräte, die eine Mittelinitiale geführt haben: Martin J. Munzinger (1848 bis 1855 im Amt) und teilweise Johann N. Schneider-Ammann (2010 bis 2018). Warum das so ist? Meine Vermutung: Womöglich wird die Mittelinitiale in der Schweiz als gestelzt, affektiert oder «meh besser» wahrgenommen. Dieser negative Einfluss auf die Wahrnehmung ist eine schlechte Voraussetzung für eine erfolgreiche Volkswahl. Selbstverständlich überlasse ich es den fachkundigen Psychologen, diese Vermutung kritisch zu überprüfen.

Bildquelle: U.S. Embassy New Delhi